Mussenhausen

Im mittelschwäbischen Hügelland, mit seinen saftigen Tannenwäldern, fruchtbaren Äckern und Wiesen, halbwegs zwischen Mindelheim und Ottobeuren, liegt im Auerbachtal das Dorf Mussenhausen. Am südlichen Rand des Dorfes grüßt weithin das Heiligtum "Unserer Lieben Frau vom Berge Karmel", mit seinen imposanten, reichgegliederten Kuppelturm und dem an die Kirche angebauten Kloster. Mussenhausen gehört seit 1978 zur Einheitsgemeinde Markt Rettenbach und zählt heute ca. 250 Einwohner.

Die Entstehungszeit Mussenhausens dürfte im 8./9. Jahrhundert liegen. Der Ortsname Mussenhausen enthält den Namen des Gründers der Siedlung, des Alemannen Muozo. So hat wohl Mussenhausen "bei den Häusern des Muozo" als Kleinsiedlung seinen Anfang genommen.

Urkundlich erfahren wir erstmals 1394 von einem Gütlein "ze Mussenhusen". Diese urkundliche Ersterwähnung findet sich in einem Salbuch des Fürststiftes Kempten. Mussenhausen gehörte von Anfang an zur Herrschaft Mindelheim, der die Dorfbewohner auch "gerichts-, steuerdienstbar- und botmäßig" waren. In einer Verkaufsurkunde vom 29. September 1440 verkauften Wilhelm von Urbach und sein Sohn Jos von Urbach an Claus Babenhuser, Bürger zu Mindelheim, ihren von der Herrschaft Mindelheim lehenbaren Weiler Mussenhusen mit Gericht, zwingen usw., bestehend aus dem "Maierhof den jetzt Jacob Traber besitzt, einem Hof von Konrad Hartz und einem halben Hof von Hans Kobold". Der Maierhof, der mit Grund und Boden zur Fürstenabtei Kempten gehörte und daher auch der "Kempterlehen oder -salhof" genannt wurde, war wohl ursprünglich der älteste und größte Hof im Orte - der sog. Urmeier. Der Gutsverwalter hatte das Amt eines Maier (Major) inne. Schon 1421 war dieser "Mairhof" in zwei Höfe abgeteilt worden. Mit Jacob Traber, Konrad Hartz und Hans Kobold werden in dieser Urkunde die ältesten Mussenhausener Familiennamen überliefert.

Am 16.10.1491 verkaufte der gleichnamige Sohn von Babenhuser die niedrige Gerichtsbarkeit wieder an seinen Schwager Josef Dietmar. Nachdem die Testamentsvollstrecker des verstorbenen Augsburger Domdekans Ulrich von Rechberg 1501 den größten Teil Mussenhausens an sich gebracht hatten, gingen die Einkünfte an die neu errichtete Messpfründe in der Mindelheimer Pfarrkirche.

Dass auffallenderweise beinahe sämtlicher geistlicher Haus- und Grundbesitz Mindelheimer Klöstern und Benefizien gehörte, weist auf den frommen Sinn der damaligen Mindelheimer Herrschaftsinhaber hin, welche so für die Existenz ihrer geistlichen Untertanen in ihrer Residenzstadt sorgten. Hieraus erklärt sich auch, warum in Mussenhausen selbst keine Kirche war, sondern das Dorf - wie heute noch - zur Pfarrkirche in Eutenhausen gehörte. Doch die göttliche Vorsehung fügte es, dass Mussenhausen in späterer Zeit nicht nur zu einer Kirche kam, sondern als Wallfahrtsort an religiöser Bedeutung ständig dazugewann.

Alte Urkunden zeigen uns auch die lautliche Entwicklung des Ortsnamens auf. In den Urkunden von 1394 ist die Rede von einem Mussenhusen, ebenso in Urkunden von 1411, 1447 und 1483. In einer Verkaufsurkunde von 1495 erscheint erstmals der Name Mussenhawsen und ab 1522 wird das "u" gänzlich durch das "au" ersetzt.

Die Bildung der politischen Gemeinde Mussenhausen vollzieht sich zu Beginn des 19. Jahrhunderts. Als vorbereitende Maßnahmen zur Landvermessung mussten seit 1808 in Bayern Steuerdistrikte gebildet werden, wobei jeder Distrikt mit einer noch zu formierenden politischen Gemeinde übereinstimmen sollte.

Mussenhausen wurde 1818 zu einer eigenen politischen Gemeinde erhoben, zu der später auch Köndelberg gehörte.

Vieles im Dorf erinnert an die reiche Geschichte von Mussenhausen und an die Menschen, die mit viel Fleiß und Bürgersinn gerade im 19. und 20. Jahrhundert großartiges geleistet haben, um dem Dorf das zu geben, wie wir es in der heutigen Zeit erleben dürfen. Schwere Zeiten, wie die der Kriege und Seuchen, der Pestfriedhof in der Flurabteilung "Bettsack" erinnert an die Pestzeit von 1635, sowie Unwetterkatastrophen mussten durchstanden werden, um oft wieder von Neuem zu beginnen. Der tiefe Glaube der bäuerlichen Bevölkerung half manches zu ertragen und gab Kraft um Neues zu schaffen. Bedeutendstes Bauwerk war sicherlich der Bau der wunderschönen Wallfahrtskirche "Unserer lb. Frau vom Berge Karmel", deren Weihe sich im Jahre 1994 zum dreihundertsten Male jährte, sowie die Errichtung des "Klösterls" (1698), das 1858 in ein Kapuzinerhospiz umgebaut wurde und in das im gleichen Jahr der Kapuzinerorden einzog, der bis 1984 segensreich die Filial- und Wallfahrtsgemeinde Mussenhausen betreute.

Im Jahr 1889 trug die Bürgerschaft von Mussenhausen zum Bau eines neuen Schulsaals in Eutenhausen bei, wohin seit jeher die Kinder zur Schule gingen. Sies änderte sich erstmals im Jahre 1969 (Schulreform) mit dem Beitritt der Schule in den Schulverband Markt Rettenbach, wohin heute alle Schülerinnen und Schüler zur Volksschule gehen.

Am 05.11.1917 zogen die ehrwürdigen Schwestern des Hl. Kreuzes vom Kreszentiaheim in Altötting in das Marienheim ein. Das Wirkungsfeld der Schwestern bestand neben der Ausübung der ambulanten Krankenpflege auch in der Schaffung eines Kinderhorts und der Erteilung des Handarbeitsunterrichts für die schulentlassenen Mädchen. 1941 machten es sich die Lehrschwestern vom Hl. Kreuz bereits zur Aufgabe auch alte und gebrechliche Leute zu betreuen und schufen 1949/1950 ein eigenes Altenheim. 1951 erhielt das Marienheim auch die Genehmigung zur Errichtung einer eigenen Krankenanstalt und als Entbindungsklinik war das Marienheim über Jahrzehnte weithin beliebt.